Inanna setzte die SHUGURRA, die Krone der Steppe auf ihr Haupt.
Sie ging zu den Schafen, zum Schäfer.
Sie lehnte sich an den Apfelbaum.
Gegen den Apfelbaum gelehnt saß sie und bestaunte ihre wundervolle Vulva.
Voll Glück über ihre wundervolle Vulva pries Inanna sich selber glücklich.
Sie sagte:
“Ich, die Himmelskönigin, ich werde den Gott der Weisheit besuchen.
Ich werde zum Abzu gehen, zum heiligen Ort in Eridu.
Ich werde Enki ehren, den Gott der Weisheit, in Eridu.
Ich werde zu Enki beten an jenem tiefen, lieblichen Wasser.”
Inanna machte sich auf den Weg.
Als sie nicht mehr weit vom Abzu entfernt war,
Da rief er, dessen Ohren weit geöffnet sind,
Er, der die ME kennt, die heiligen Gesetze von Himmel und Erde,
Er, der in das Herz der Götter schaut,
Enki, der Gott der Weisheit, der alle Dinge kennt,
Rief seinen Diener Isimud:
“Komm her, mein SUKKAL,
Die junge Frau wird bald im Abzu eintreffen.
Wenn Inanna den heiligen Schrein betritt,
Reiche ihr Butterkuchen zum Essen.
Bereite kaltes Wasser, um ihr Herz zu erfrischen.
Reiche ihr Bier vor der Statue des Löwen.
Behandele sie wie eine Ebenbürtige.
Empfange Inanna an der heiligen Tafel, der Himmelstafel.”
Isimud befolgte sorgsam Enki’s Worte.
Als Inanna den Abzu betrat,
Reichte er ihr Butterkuchen zum Essen.
Er brachte kaltes Wasser zum Trinken für sie.
Er reichte ihr Bier vor der Statue des Löwen.
Er behandelte sie voller Respekt.
Er empfing Inanna an der heiligen Tafel, der Himmelstafel.
Enki und Inanna tranken Bier miteinander. Sie tranken mehr Bier miteinander.
Sie tranken mehr und noch mehr Bier miteinander.
Mit ihren Bechern aus Bronze, voll bis zum Rande,
Mit den Bechern von Urash, der Mutter der Erde,
Prosteten sie sich zu; sie forderten einander heraus.
Enki, der vom vielen Trinken schon bedenklich schwankte, trank Inanna zu:
“Im Namen meiner Macht! Im Namen meines heiligen Schreines!
Meiner Tochter Inanna werde ich geben
Die Hohepriesterschaft! Göttlichkeit!
Die herrliche, ewige Krone! Den königlichen Thron!”
Inanna erwiderte:
“Ich nehme sie an!”
Enki erhob seinen Becher und trank Inanna ein zweites Mal zu:
”Im Namen meiner Macht! Im Namen meines heiligen Schreines!
Meiner Tochter Inanna werde ich geben
Wahrheit!
Abstieg in die Unterwelt!
Aufstieg aus der Unterwelt!
Die Liebeskunst! Das Küssen des Penis!”
Inanna erwiderte:
“Ich nehme sie an!”
Enki erhob seinen Becher und trank Inanna ein drittes Mal zu:
“Im Namen meiner Macht! Im Namen meines heiligen Schreines!
Meiner Tochter Inanna werde ich geben
Die Heilige Himmelspriesterin!
Die Verfügung von Klageliedern!
Die Beglückung des Herzens!
Das Erlassen der Urteile! Das Fällen von Entscheidungen!”
Inanna erwiderte:
“Ich nehme sie an!”
(Vierzehn mal erhob Enki seinen Becher und trank Inanna zu
Vierzehn mal bot er seiner Tochter fünf ME, sechs ME, sieben ME
Vierzehn mal nahm Inanna die heiligen ME entgegen)
Dann stellte sich Inanna vor ihren Vater hin
Und dankte ihm für die ME, die Enki ihr gegeben hatte:
“Mein Vater hat mir diese ME gegeben:
Er gab mir die Hohepriesterschaft.
Er gab mir Göttlichkeit.
Er gab mir die herrliche, ewige Krone!
Er gab mir den königlichen Thron.
Er gab mir das herrliche Zepter.
Er gab mir den Kommandostab.
Er gab mir die heilige Messschnur und die Latte.
Er gab mir den hohen Thron.
Er gab mir das Hüten der Herden.
Er gab mir das Königtum.
Er gab mir die Prinzessinnen-Priesterin.
Er gab mir die göttliche Königinnen-Priesterin.
Er gab mir den Sänger-Priester.
Er gab mir den Hohenpriester.
Er gab mir den Trankopferpriester.
Er gab mir Wahrheit.
Er gab mir Abstieg in die Unterwelt.
Er gab mir Aufstieg aus der Unterwelt.
Er gab mir die KURGARRA.
Er gab mir den Degen und das Schwert.
Er gab mir das schwarze Gewand.
Er gab mir das bunte Gewand.
Er gab mir das Lösen der Haare.
Er gab mir das Binden der Haare.
Er gab mir die Standarte.
Er gab mir den Köcher.
Er gab mir die Liebeskunst.
Er gab mir das Küssen des Penis.
Er gab mir die Kunst des heiligen Liebens.
Er gab mir die Kunst des Gedeihen Lassens.
Er gab mir die Kunst aufrechter Rede.
Er gab mir die Kunst unehrlicher Rede.
Er gab mir die Kunst schmeichlerischer Rede.
Er gab mir die Kultprostitution.
Er gab mir die heilige Taverne.
Er gab mir den heiligen Schrein.
Er gab mir die heilige Himmelspriesterin.
Er gab mir das klangvolle Musikinstrument.
Er gab mir die Kunst der Lieder.
Er gab mir die Kunst der Ahninnen.
Er gab mir die Kunst des Helden.
Er gab mir die Kunst der Macht.
Er gab mir die Kunst des Verrats.
Er gab mir die Kunst der Zielstrebigkeit.
Er gab mir das Plündern der Städte.
Er gab mir die Verfügung von Klageliedern.
Er gab mir die Beglückung des Herzens.
Er gab mir listige Täuschung.
Er gab mir das rebellische Land.
Er gab mir die Kunst der Güte.
Er gab mir das Reisen.
Er gab mir den sicheren Wohnort.
Er gab mir das Handwerk des Holzarbeiters.
Er gab mir das Handwerk des Kupferarbeiters.
Er gab mir das Handwerk des Schreibers.
Er gab mir das Handwerk des Schmieds.
Er gab mir das Handwerk des Schusters.
Er gab mir das Handwerk des Walkers.
Er gab mir das Handwerk des Architekten.
Er gab mir das Handwerk des Schilfarbeiters (Dachdeckers).
Er gab mir das empfängliche 0hr.
Er gab mir die Macht der Achtsamkeit.
Er gab mir die heiligen Reinigungsriten.
Er gab mir die fütternde Feder (Schreibkunst).
Er gab mir das Aufhäufen heißer Kohlen.
Er gab mir das Hüten der Herden.
Er gab mir Furcht.
Er gab mir Bestürzung.
Er gab mir Entsetzen.
Er gab mir den Löwen mit bitteren Zähnen.
Er gab mir das Entfachen des Feuers.
Er gab mir das Löschen des Feuers.
Er gab mir den müden Arm.
Er gab mir die versammelte Familie.
Er gab mir Fruchtbarkeit.
Er gab mir das Schlichten von Streit.
Er gab mir guten Ratschlag.
Er gab mir Besänftigung des Herzens.
Er gab mir das Erlassen von Urteilen.
Er gab mir die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen.”
Enki (immer noch schwankend im Suff) sprach zu seinem Diener Isimud:
“Mein SUKKAL Isimud –
Die junge Frau – sie will aufbrechen – nach Uruk.
Ich möchte, dass sie ihre Stadt – sicher erreicht.”
Inanna suchte alle ihre ME zusammen.
Die ME wurden auf das Himmelsboot geladen.
Das Himmelsboot wurde, mit den heiligen ME an Bord, vom Ufer abgestoßen.
Als das Bier sich verflüchtigt hatte von dem, der Bier getrunken hatte,
Als das Bier sich verflüchtigt hatte von Vater Enki,
Als das Bier sich verflüchtigt hatte vom Gott der Weisheit,
Da sah Enki sich in seinem Abzu um.
Die Augen des Königs vom Abzu suchten Eridu.
König Enki sah sich um in Eridu und rief seinen Diener Isimud und sagte:
“Mein SUKKAL, Isimud”
“Mein König, Enki, Ich bin bereit Euch zu dienen.”
“Die Hohepriesterschaft? Göttlichkeit?
Die herrliche, ewige Krone? Wo sind sie?”
“Mein König hat sie seiner Tochter übergeben.”
“Die Kunst des Helden? Die Kunst der Macht?
Verrat? Listige Täuschung?
Wo sind sie?”
“Mein König hat sie seiner Tochter übergeben.”
“Das empfängliche Ohr? Die Macht der Achtsamkeit?
Die Fähigkeit Entscheidungen zu fällen?
Wo sind sie?”
“Mein König hat die seiner Tochter übergeben.”
(Vierzehn mal befragte Enki seinen Diener Isimud. Vierzehn mal antwortete Isimud ihm:
“Mein König hat die seiner Tochter übergeben.
Mein König hat alle die ME seiner Tochter Inanna übergeben”)
Da sagte Enki:
“Isimud, das Himmelsboot mit den heiligen ME
Wo ist es jetzt?”
“Das Himmelsboot ist einen Kai fort von Eridu.”
“Geh! Nimm die ENKUM-Wesen.
Sie sollen das Himmelsboot zurück nach Eridu bringen!”
Isimud sprach zu Inanna:
“Meine Königin, Euer Vater hat mich geschickt.
Eures Vaters Wort hat zu geschehen.
Niemand kann sich ihm widersetzen.”
Inanna antwortete:
“Was hat mein Vater gesagt? Was hat Enki noch zu sagen?
Was ist sein Wort, das zu geschehen hat und dem sich niemand widersetzen kann?”
Isimud sagte:
“Mein König hat gesagt:
‘Lass Inanna ruhig nach Uruk fahren;
nur bring das Himmelsboot mit den heiligen ME nach Eridu zurück’.”
Inanna schrie:
“Mein Vater hat sein Wort gegen mich geändert!
Er hat sein Gelübde verletzt, sein Versprechen gebrochen!
Als Betrüger hat mein Vater zu mir gesprochen!
Als Betrüger rief er:
‘Im Namen meiner Macht! Im Namen meines heiligen Schreines!’
Als tückischer Betrüger schickt er dich!”
Bebend vor Zorn hatte Inanna diese Worte gesprochen,
Als die ENKUM-Wesen mit ihren wilden Mähnen das Himmelsboot erreichten.
Inanna rief nach ihrer Dienerin Ninshubur und sagte:
“Komm her, Ninshubur, einst warst du die Königin des Ostens;
Nun bist du die treue Dienerin am heiligen Schrein in Uruk.
Kein Wasser hat je deine Hand berührt,
Kein Wasser hat je deinen Fuß berührt.
Meine SUKKAL, die mir weise Ratschläge gibt,
Meine Kriegerin, die an meiner Seite kämpft,
Rette das Himmelsboot mit den heiligen ME!”
(Ninshubur zerschnitt die Luft mit ihrer Hand. Sie stieß einen markerschütternden Schrei aus.)
Die ENKUM-Wesen wurden polternd zurück nach Eridu geschickt.
Da rief Enki seinen Diener Isimud ein zweites Mal und sagte:
“Mein SUKKAL Isimud – “
“Mein König, Enki, ich stehe zu Diensten.”
“Wo ist das Himmelsboot jetzt?”
“Es ist zwei Kais entfernt von Eridu.”
“Geh rasch! Nimm die fünfzig URU-Riesen,
Die sollen das Himmelsboot zurückbringen.”
Die fünfzig URU-Riesen erreichten das Himmelsboot, aber Ninshubur rettete das Boot für Inanna.
Enki rief seinen Diener Isimud ein drittes Mal und sagte:
“Mein SUKKAL Isimud -“
“Mein König Enki, ich stehe zu Diensten.”
“Wo ist das Himmelsboot jetzt?”
“Es hat soeben Dulma erreicht.”
“Schnell! Nimm die fünfzig LAHAMA-Ungeheuer,
Lass sie das Himmelsboot zurückbringen.”
Die fünfzig LAHAMA-Seeungeheuer erreichten das Himmelsboot,
Aber Ninshubur rettete das Boot für Inanna.
Beim vierten Mal sandte Enki die schreienden KUGALGAL.
Beim fünften Mal sandte Enki die EUNUNUN.
Aber jedes Mal rettete Ninshubur das Boot für Inanna.
Enki rief seinen Diener Isimud ein sechstes Mal und sagte:
“Mein SUKKAL, Isimud -“
“Mein König, Enki, ich stehe zu Diensten.”
“Wo ist das Himmelsboot jetzt?”
“Es ist dabei nach Uruk einzulaufen.”
”Schnell! Nimm die Wächter des Iturungal-Kanales,
Lass sie das Himmelsboot zurückholen.”
Isimud und die Wächter des Iturungal-Kanales erreichten das Himmelsboot,
Aber Ninshubur rettete das Boot für Inanna.
Da sagte Ninshubur zu Inanna:
“Meine Königin, wenn das Himmelsboot
Das Nigulla-Tor in Uruk erreicht,
Hochwasser durch die Stadt fließen;
Lass die tiefliegenden Boote rasch durch unsere Kanäle segeln.”
Inanna antwortete Ninshubur:
“An dem Tag, wenn das Himmelboot
Das Nigulla-Tor in Uruk erreicht,
Lass Hochwasser die Straßen überfluten;
Lass Hochwasser über die Wege fließen.
Lass die alten Manner guten Ratschlag geben;
Lass die alten Frauen die Herzen beruhigen.
Lass die jungen Männer die Kraft ihrer Waffen zeigen;
Lass die Kinder lachen und singen.
Lass ganz Uruk ein Fest feiern!
Lass den Hohenpriester das Himmelsboot mit Gesang begrüßen.
Lass ihn großartige Gebete sprechen.
Lass den König Rinder und Schafe schlachten.
Lass ihn Bier verteilen.
Lass die Trommeln und Tamburine klingen.
Lass die liebliche TIGI-Musik ertönen.
Lass das ganze Land meinen herrlichen Namen preisen.”
Und so geschah es,
An dem Tag als das Himmelsboot das Nigulla-Tor von Uruk erreichte,
Da schwappte Hochwasser über die Straßen;
Da überflutete Hochwasser die Wege.
Das Himmelsboot legte am heiligen Schrein von Uruk an;
Das Himmelsboot legte am heiligen Haus der Inanna an.
Da rief Enki seinen Diener Isimud ein siebtes Mal und sagte:
“Mein SUKKAL, Isimud – “
“Mein König, Enki, ich stehe zu Diensten.”
“Wo ist das Himmelsboot jetzt?”
“Das Himmelsboot ist am weißen Kai.”
“Geh! Sie hat dort Wunder vollbracht.
Die Königin hat am weißen Kai Wunder vollbracht.
Für das Himmelsboot hat Inanna am weißen Kai Wunder vollbracht.”
Die heiligen ME wurden ausgeladen.
Als die ME, die Inanna von Enki erhalten hatte ausgeladen wurden,
Wurden sie bekanntgemacht und dem Volk in Sumer vorgeführt.
(es folgt wieder die ganze Liste wie oben, zum vierten Mal im Text)
Dann erschienen noch mehr ME – mehr ME als Enki Inanna gegeben hatte.
Und die wurden auch ausgerufen.
Und die wurden auch den Menschen in Uruk vorgeführt:
“Inanna brachte diese ME:
Sie brachte das Platzieren schmückender Gewänder.
Sie brachte Verlockung.
Sie brachte die Kunst der Frauen.
Sie brachte die TIGI- und die LILIS-Trommeln.
Sie brachte die UB-, die MEZE-, und die ALA-Tamburins . . .“
Inanna sagte:
“Der Ort, an dem das Himmelboot angelegt hat,
Wird der weiße Kai genannt werden.
Der Ort, an dem die heiligen ME vorgeführt worden sind,
Den werde ich den Lapislazuli-Kai nennen.”
Da sagte Enki zu Inanna:
“Im Namen meiner Macht! Im Namen meines heiligen Schreines!
Lass die ME, die du mit dir genommen hast im heiligen Schrein deiner
Stadt verbleiben.
Lass den Hohenpriester seine Tage am heiligen Schrein in Gesang verbringen.
Lass die BewohnerInnen deiner Stadt gedeihen.
Lass die Kinder von Uruk sich freuen.
Die Bewohnerinnen von Uruk sind Verbündete der Bewohnerinnen von Eridu.
Lass die Stadt Uruk wieder erstehen an ihrem großen Platz.”